Nachdem ich in Hervey Bay nach meiner Ankunft noch ein wenig eingekauft und meiner Internetsucht gefrönt hatte, hab ich mich auf die Suche nach einem Schlafplatz gemacht. Das ist allerdings in dieser Stadt ziemlich schwierig, weil sie überall Schilder haben, die einen freundlich darauf aufmerksam machen, dass man beim Campen oder Pennen im Auto damit rechnen muss, 500 Dollar Strafe zahlen zu müssen.
Nach einiger Zeit hatte ich dann einen Parkplatz gefunden, an dem kein solches Schild zu sehen war und war friedlich eingeschlafen. Mitten in der Nacht klopfte es an mein Fenster und jemand leuchtete mir mit einer Taschenlampe ins Gesicht. Nach Herunterkurbeln des Fensters entpuppte sich dieser als Polizist, der zum Glück keine 500 Dollar haben wollte, sondern mir nur auf freundliche Weise zu verstehen gab, ich solle mich doch bitte verpissen. Also kurvte ich weiter durch die Gegend und übernachtete schließlich am Ende einer Sackgasse, denn da schaut nie jemand vorbei. So eine ungastliche Stadt :O (Zumal ich dort nun wirklich niemanden gestört habe, außer vielleicht den spießigen Australier, der fest glaubt, so etwas gehe einfach nicht)
Am Morgen machte ich mich dann frohgemut auf, mich über den Great Walk auf Fraser Island zu informieren. Der nette Herr in der Information wies mich darauf hin, dass der Wanderweg eine insgesamt schlechte Konzeption sei, nicht wirklich praktikabel. Denn beide Endpunkte liegen jeweils etwa zwei Tagesmärsche von der Fährenanlegestelle entfernt und es gibt keine Möglichkeit dorthin zu kommen: Ein Taxi würde etwa 100 Dollar für eine Fahrt kosten und auch eine Mitfahrgelegenheit ist fraglich, denn die meisten Besucher der Insel haben ihr Auto recht vollgestopft. Und einfach auf Gut Glück 50 Dollar für die Fähre wollte ich dann auch nicht ausgeben. Die Alternativroute, die er mir vorschlug, hatte ich zum Teil schon zusammen mit Nick gelaufen und einige Teilstrecken waren schlicht und einfach uninteressant. Also warf ich meine großartigen Wanderpläne über Bord und machte mich etwas verärgert auf die Weiterreise gen Brisbane.
Doch immerhin hatte ich dann am Nachmittag noch eine gute Zeit, als ich einen Zwischenstopp in den Glasshouse Mountains machte. Diese vulkanischen Berge ragen teilweise als höchst beeindruckende Felsnadeln in den Himmel. Im Touristeninformationszentrum (tolles langes Wort) besorgte ich mir dann eine Karte und ein paar Empfehlungen.
So ausgestattet fuhr ich zunächst zum Mount Beerwah, denn meine Fähigkeit zu Lesen war wieder an ihre Grenzen gestoßen. So war dieser Berg zwar vom Lonely Planet empfohlen, aber neuerdings geschlossen aufgrund von Erdrutschen. So konnte ich den mächtigen Koloss nur von unten bewundern und fuhr nach einem kurzen Spaziergang weiter zum offiziellen Aussichtspunkt. Von diesem aus konnte man alle Berge in ihrer Pracht bewundern und außerdem noch einen kleinen Marsch rund um den Hügel unternehmen, den ich mir natürlich nicht entgehen ließ.
Weiter ging es zum abschließenden Höhepunkt, dem Mount Tibrogargan. Diesen konnte man ersteigen, die offizielle Empfehlung war, dies nur als erfahrener Kletterer zu tun und es sollte in etwa drei bis vier Stunden hinauf und wieder hinunter dauern (zwei bei Rückflug, nicht zu empfehlen). Ich ließ mich davon nicht abschrecken, denn ich weiß, dass Australier gerne übertreiben, was die Beschreibung ihrer Wanderwege angeht.
In diesem Fall hatten sie aber nicht übertrieben, denn während die ersten Minuten noch ein normaler Wanderweg waren, wurde es dann wirklich beinahe senkrecht. Und im Gegensatz zu manchen früheren Klettereinlagen gab es hier kein Stahlseil zum verzweifelten Festkrallen. Ich wollte nicht unverrichteter Dinge umkehren und begann zu klettern. Die Kletterei war ziemlich einfach, denn die Tritte waren geradezu riesig (meistens) und die Wand wurde nach wenigen Metern weniger steil. So eilte ich den Berg hinauf und spornte mich an, dass es nicht mehr so weit sein könne (in der Tat sieht es immer so aus, als würde es zehn Meter höher weniger steil und als nahe das Ende). Auf Fotos allerdings kommt das nicht wirklich rüber, also müsst ihr wohl nach Australien fahren und da selbst hochklettern. So schaffte ich es in weniger als einer Stunde nach oben, schweißgebadet und völlig außer Atem. Die Aussicht war gigantisch!
Ich habe ja schon auf dem ein oder anderen Berg in den Alpen oder sonstwo gestanden, aber weder gab es solche Kletterpartien noch solche steilen Wände. So hat man hier nicht nur den Blick in die Weite, sondern auch auf die nur wenige Schritte entfernte Tiefe. Die Landschaft breitet sich einige hundert Meter unter einem liegend aus und man teilt diese Aussicht nur mit den Vögeln, welche die eigenen Mühen verspottend in die Tiefe schnellen, nur um sich mit einer Leichtigkeit wieder empor zu schrauben. Einen vergleichbaren Ausblick hatte ich zuvor höchstens in den Blue Mountains, aber dort steht man mehr am Rand eines Tals als an dem einer Insel.
Ich machte mich nach einer Ruhepause an den Abstieg und entgegen meiner Befürchtungen war dieser dann doch viel leichter als der Hinweg. In einer Mischung aus Hüpfen, Rutschen und Klettern bewegte ich mich nach unten, mal vorwärts, mal rückwärts, immer mal wieder einen Blick auf die schwindende Aussicht werfend. Nach etwas mehr als einer halben Stunde war ich wieder unten, so früh, dass ich beschloss, noch die drei Kilometer lange Runde um den Berg zu drehen.
Diese war auch sehr sehenswert, denn von unten sieht es noch einmal genauso hoch aus wie von oben, wenn nicht vielleicht sogar noch mehr. Angesichts meiner eigenen Leistung, mit stolzgeschwellter Brust und noch halb im Adrenalinrausch, wanderte ich euphorisch den Weg entlang. Schließlich meldete sich dann aber doch meine ausgedorrte Kehle zu Wort (oder mehr zum Krächzen) und forderte Wasser ein. Denn ich hatte in meiner genialen Planung kein Wasser mehr gehabt, das ich auf den Berg hätte mitnehmen können.
Also hielt ich bei der "Glasshouse Mountains Eco Lodge", einer sehr schönen Unterkunft, in der man ganz umweltbewusst in umgebauten Retro-Eisenbahnwaggons schlafen kann und füllte meine Flasche und meinen Magen mit höchst ökologischem Regenwasser auf.Recht witzig fand ich noch das kreative Nicht-Parken-Schild, welches besagte "Frog parking only, others will be toad away".
Schließlich erreichte ich Brisbane, fluchte wieder viel über den bescheuerten Verkehr und fand nach etwa einer Stunde Sucherei endlich einen brauchbaren Schlafplatz halbwegs in Innenstadtnähe. Mehr zu Brisbane dann aber morgen...